Fritz Steisslinger zu den Ausstellungsmöglichkeiten in Stuttgart Anfang
der 1920er Jahre (Brief an W. H. Luz, 28.09.1920):
„Ich habe sechs Bilder dem Kunstverein zur Ausstellung geschickt.
Zwei sind zur Zeit ausgestellt. Die anderen
vier sind ihnen wahrscheinlich zu wild. (Randbemerkung: Dabei ist
man diesen Reaktionären ausgeliefert.)
Es ist jammerschade, daß man nicht über diese reaktionäre
Bande hinweg auch in Stuttgart einen anständigen Ausstellungsraum hat.
Schaller ist Taschenformat und höchstens für Zeichnungen ausreichend.“
Fritz Steisslinger zur Bedeutung des Reisens und des Unterwegsseins (Brief
an seine Frau Elisabeth, 10.06.1926):
„Wollt ich einen lückenlosen Reiseverlauf schildern. Dies,
glaube ich, gelingt mir heute nicht, es treibt mich
um und ich will fort. Da habe ich keine Ruhe zum Chronisten. Zusammenfassend
sollst Du von mir wissen, dass alles gut ging bisher, die alte Straße
nach Osten mit ihren Städten, Klöstern, Barockschätzen, ihrer
Wachau, Böhmerwald, Wienerwald, sehr schön ist, auch wenn das
Wetter nicht ganz einwandfrei ist. Ich möchte endlos darauf weiterziehen
– bis zum Selbstvergessen.“
Fritz Steisslinger zum damals aktuellen Zustand der Kultur und der Kunst
unter dem nationalsozialistischen
Regime (Brief an Eberhard Haasis, 2.11.1935):
„Der Einladung von Freunden folgend kam ich vorgestern zu Besuch
hier [in Türkheim im Elsass] an und bin froh, für acht Tage den
deutschen Zwang hinter mir zu wissen. (…) Strahlendes Herbstwetter,
herrlicher Blick auf die Vogesen, das gelockerte Leben, der Wein dieses
üppigen Ländchens lösen im Zusammenwirken die schmerzhafte
Spannung, die in Deutschland von unsereinem nicht mehr weicht. (...)
Was für Kunst und deren verwandten Umgegenden geschieht, ist ein
Wust von Organisationsklamauk, Kompetenzkrieg, wie Umbildungen, Auflösungen
und Schikanen. Die bombastischen Reden, die holdseligen Zauberhymnen an
die Kunst (wie sie diese verstehen) haben bisher lediglich den Erfolg gehabt,
den früheren Bodensatz, der plötzlich oben schwamm, vollends zu
inthronisieren."
Fritz Steisslinger zur Wahl seiner Themen und seine bewusste Ausklammerung
der Kriegsthematik und der sozialen Nöte in der Weimarer Republik (Brief
an seinen Sohn Hans, 19.9.1943):
„Fast 8 Jahre war ich Front- oder Kriegssoldat. (…)
Das Wesentliche alles Schrecklichen habe ich damals
jedenfalls für mich behalten. Ich habe es ein ganzes Leben lang niemals
in seiner ganzen Nacktheit von mir gegeben – selbst dann nicht, wenn
damit ein gewisser Eindruck zu meinen Gunsten hätte erzielt werden
können. Wie in meiner Malerei – sofern Du Dich darin in ihrem
Zielgesetz etwas auskennen solltest – habe ich in jeder Hinsicht und
vor allem in der als Mann, möglichst immer das gesagt und getan, was
für die von mir geschützte oder gar geliebte Umwelt gerade noch
erträglich sein konnte. Was unter dem Strich lag, hat mich nie interessiert.“
